Selbstorganisierte Teams – Traumhaft, oder?

Vor Kurzen hat jemand zu mir gesagt: „Ich glaube nicht, dass ich noch einen Chef haben könnte.“ Diese Haltung kann ich als Selbst und Ständiger gut verstehen. Durch Agilität und Homeoffice schwindet für immer mehr Mitarbeiter das klassische Gefühl von „Geführt werden“. Das ist doch klasse, oder?

 

Wir sind doch alle Erwachsene, oder?

 

„Mein Gott, ist das ein Kindergarten hier! Immer diese Befindlichkeiten“. Kommt Ihnen das bekannt vor? In jedem Team kommt es vor, dass es anscheinend oft um etwas anderes geht als um die gemeinsame Aufgabe. Wer hat wem das Schäufelchen weggenommen oder ob man mich noch lieb hat, füllt Teambesprechungen. So sind wir Menschen eben. Emotional, verpeilt und in die eigene schräge Weltsicht eingewickelt.  

 

Stürmt die Chefetagen!

 

Die selbstorganisierten Teams im sozialen Bereich oder die agilen Teams in der Entwicklung und in anderen Bereichen gehen mit einem mutigen Führungsansatz an diese Sache heran: Lass das, das Team doch einfach selbst regeln! Viva la Revolucion! 

Die Versprechungen und Hoffnungen bei Mitarbeitern und Führungskräften sind hoch.

 

Wie sexy!

 

Für die Mitarbeiter winkt die Freiheit von der Knute. Selbstbestimmtes Arbeiten, bei dem nur das Ergebnis zählt und man den Rest selbst bestimmen kann!

 

Und die Manager bekommen feuchte Hände bei diesem Bild: Wenn die Teams sich selber führen, können wir eine ganze Führungsebene einsparen und die Kosten senken. Und wir sind auch noch hierarchisch flach und modern. Sexy, sexy, sexy! 

 

Bis einer weint.

Wie so oft, tauchen die Probleme meist schnell auf und neue deformierte Prozesse etablieren sich, wenn keine professionelle Unterstützung gesucht wird.

 

Beide Seiten finden diese Organisationsform aus den falschen Gründen richtig.

 

  • Es gibt immer eine Führung. Ein Alpha oder eine Alphine sind immer da. Soziale Organisationsformen mit klassischen Teamrollen sind nah am Naturgesetz. Es kostet ein stabiles Team viel Energie und Zeit, Abläufe und Spielregeln zu finden, in der tatsächlich alle gemeinsam sich selbst organisieren.  Meist ist das Resultat nur eine Struktur, in der der „heimliche Chef“ nur nicht so genannt wird und nicht dafür bezahlt wird. Kleine Frage: Welcher Menschentyp übernimmt diese unausgesprochene Rolle und was hat er davon, wenn er nicht mehr Gehalt bekommt?
  • Es ist teuer und langsam. Anstatt, dass eine Person führt und steuert, müssen alle immer an allen Entscheidungen und Prozessen beteiligt werden. Der Abstimmungsbedarf ist enorm, wenn man es gut macht. Alle Befindlichkeiten müssen beschnüffelt und geklärt werden, damit es läuft. Wo kein Chef, da kein „Basta!“. Lieber Entscheider: Hast du eine Marge, die du in diesen Entwicklungsprozess investieren willst? Ohne Kosten geht das nicht? Merkst du selber, oder?
  • Der Chef ist trotzdem Schuld. Arbeit mit Menschen nervt. Die machen nicht, was man will und man muss immer der Böse sein. Da ist es dich viel schöner, wenn sich das Team selbst organisiert, ich als Chef nur mit dem „Außen“ verhandele und Ziele kommunizieren. Ja, das wäre schön. Nur, dass wenn etwas schiefgeht, du als Chef es trotzdem ausbaden musst. Dein Ziel ist es, dein Team als Coach so sehr reif und stabil werden zu lassen, dass du tatsächlich loslassen kannst. Und, geht Dir bei diesem Bild das Hintern auf Grundeis?

 

Wann funktionieren selbstorganisierte Teams?

 

Ein selbstorganisiertes Team funktioniert, wenn

 

  • Ein stabiles Team,
  • Wirklich klare erreichbare Ziele hat.
  • Der Chef, auch Coach kann und es
  • externe Unterstützung

 

gibt.

 

Welche Unterstützung braucht es?  

 

  • Agile Teams brauchen minimal einen (externen) agile Coach als Sensei der Form.
  • Bei Konflikten, die der als Coach ausgebildete Vorgesetzte nicht lösen kann, braucht es eine externe Team-Supervision.
  • Ein selbstorganisiertes Team braucht immer, immer, immer einen „neutralen Ort“ und externe Unterstützung. Das kann Supervision. Gibt es diese nicht, ist es kein selbstorganisiertes Team, sondern nur irgendwelcher Murks, der Kosten sparen soll.
  • Was gewinnt ein Unternehmen durch selbstorganisierte Teams?
  • Wenn es mehr kostet, externe Aufwände produziert und Zeit frisst, was ist dann der Vorteil eines selbstorganisierten Teams?
  • Freiheit mit beschützenden Grenzen ist DER Boost für Kreativität und Produktivität.
  • Selbstorganisierte Teams, die tatsächlich reif und eingespielt sind, vermindern die Krankenquote und die Fluktuation.
  • Was lockt, ist tatsächlich ein zufriedeneres Arbeiten.

 

Wenn man es richtig macht und nicht nur irgendwie hinpfuscht.

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