Nackt! Zuckend und scheinbar hilflos

Mein S3
Mein S3

Gestern ist es passiert. Ich wollte mich doch nur kurz anziehen. Alles war wie immer und jetzt ist alles anders. Da lag „sie“ nun vor mir auf dem Fußboden und drehte mir die Rückseite zu. Ich war sprachlos. Meine Begleiterin hat es erwischt. Displaybruch. Einfach aus der Hand gefallen.

 

Jetzt habe ich sie abgegeben. Mein Samsung Galaxy S3 ist zur Reparatur.

Mein geliebtes Samsung Galaxy S3 ist für mich weiblich. Die gute Seele, die meine Gedanken trägt. Sie übernimmt so viele Aufgaben. Telefonieren ist da noch das aller wenigste. Sie verwaltet meine meine Termine, merkt sich im Gegensatz zu mir alle Namen. Sie hält für mich alle meine Kontakte und Bekannten parat. Sogar den Geburtstag meiner Mutter und meiner Partnerin vergesse ich dank Ihr nicht mehr.

 

Sie passt auf meine Arbeitszeiten auf und verwaltet meine Quittungen. Sie begleitet mich zum Sport und nervt mich, wenn ich mal nicht meine Diät halte oder mich zu wenig bewege. Sie unterhält mich auf meinen endlosen Autofahrten und liest mit Geschichten vor. Sie hat immer meiner Lieblingsbücher und meine Musik für mich parat. Und all das ist nun weg.

Ich merke, wie meine Hand immer wieder zur Brusttasche zuckt, wo sie sonst immer wartet. Ich verfahre mich heillos bei meinem ersten Termin des Tages. Normalerweise weiß sie doch sonst immer, wo ich hin soll und wie ich dort hinkomme.

 

Ich werde sogar für einen Moment hektisch und fühle mich hilflos. Mir wird klar, wie lange es her ist, das ich einmal wirklich OHNE NETZ wahr. Das ist irgendwie wie nackt sein. Jetzt beim Kunden bin ich wieder vernetzt und teile hier sofort meine Gedanken.

 

Ich halte einen Moment inne. Ist das wirklich alles richtig so? Gehe ich den richtigen Weg entlang? Formt das Werkzeug die Kunst oder sollte nicht die Kunst entscheiden, welches Werkzeug man nutzt. Für mich spielen auch das nicht digitale Notizbuch, das persönliche Gespräch und die Präsenztrainings in meinem Beruf eine riesige Rolle. Trotzdem ist der Eingriff in meine Person, die das Angebot dieses Werkzeuges verlockend angenehm macht, immens.

 

Sofort kommt mir mein Coachee in den Sinn, mit dem ich zusammen auf der Suche nach Gelassenheit in der treibenden Projektarbeit bin. Oder der Spiegel Online Artikel, der unser dauerndes Abrufen der E-Mails damit vergleich alle fünf Minuten zum Briefkasten zu gehen. Wir sind Sozialzombies. Einsam im vernetzten Sein. Für nichts haben wir Zeit. Wir sind ja so wichtig (Hörempfehlung Axel Hacke).

 

Ich weiß das alles. Trotzdem zuckt meine Hand zur Brusttasche und vermisst die Begleiterin.

 

Im nächsten Urlaub bleibt alle Elektronik zu Hause. Bestimmt. Vielleicht. Schauen wir mal Günter.

 

Ich träume mir schon das Seminar zu dem Phänomen:

 

Kannst Du offline?

  • Tag 1 Seminar in HH – Wo will ich hin? Wie geht es mir?
  • Tag 2 Handys einsammeln. Flug nach Edinburgh. Aussetzten auf den Hebriden.
  • Tag 3 bis 5 Einsamkeit. Reflexionsaufgaben per Post zu Zeitmanagement, Stress und Zielen
  • Tag 6 Rückflug und Auswertung in Hamburg. Rückgabe der Mobiltelefone.

Bei Interesse bitte hier melden. 

 

Literatur:

Mit den McMillan ins Jahr 1986

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